Statuskampf vs. Mitgefühl?
Verlust des Mitgefühls durch Statuskämpfe?

"Denken wir aber ohne Mitgefühl, dann leben wir in einer Scheinwelt aus Abstraktionen, die Kampf und Konkurrenz zu den Triebkräften unserer Existenz machen. In dieser Welt der Abstraktionen dominiert die Gewalt. In ihr kann nur überleben, wer andere unterwirft oder vernichtet." Arno Gruen, Dem Leben entfremdet, 2015

Angst, Scham, Erniedrigung - der Schatten unserer Gesellschaft

Menschenrechtsverletzungen und schwerwiegende Missstände in Deutschland anhand von drei kurzen Beispielen.

An dieser Stelle ist es wichtig sich den jetzigen Stand unserer westlichen Gesellschaft einmal anzuschauen, mit Blick auf drei der schwerwiegendsten Missstände, die hier auch auf eine exemplarische Weise Bedeutung haben und die uns alle betreffen.

 

I. Missstände in der Pflege mit Schwerpunkt Altenpflegeheime

"Fürchte dich vor den Gleichgültigen, weder töten und verraten sie, aber nur mit ihrer stillschweigenden Zustimmung gibt es auf der Welt Mord und Verrat." Bruno Jasenski

Foto: deutschlandradio kultur - Pflegemissstande mit System - Big Buissness auf Kosten der Kranken

In ihrem Buch "Es ist genug. Auch alte Menschen haben Rechte." bemängelt Fussek u. Schober das sich nach ihrem ersten Buch, welches sie hoffnungsvoll mit dem dringlichsten Wunsch nach Veränderung geschrieben haben, sich eben NICHTS nicht verändert hat. Die Pflegemafia (das heißt Häuser die auf Gewinn, auf Rendite für ihre Aktieneigner ausgerichtet sind) gäbe es immer noch und auch ihre Strukturen. Und genauso ist es auch 2021. Und leider finden sich auch in vielen nicht direkt auf Profit ausgerichtet Pflegeheimen größte Missstände und Menschenrechtsverletzungen.

 

Fussek sagt in einem Interview auf youtube das in deutschen Pflegeheimen ein starker Markt auf schwache Bewohner treffe.

 

Fussek und Schrober schreiben, dass niemand dass wahre Ausmaß der Pflegekatastrophe zur Kenntnis nehmen möchte. Es sei wie bei den drei Affen Nichts Sehen, Nichts Hören und Nichts Sagen. "Vertreter der Pflegbranche leugnen, relativieren, ignorieren und bagatelisieren die wahre Situation in emotionslos und in unverantwortlicher Weise. Aber sie verdienen gut daran, das alles so bleibt wie es ist. Zwischen vielen Heimbetreibern, MDK, Heimaufsicht, Ärzten, Politik und Kostenträgern hat sich ein wechselseitiges Arbeitsverhältnis entwickelt. Die Politik mischt massgeblich bei den Wohlfahrtsverbänden und Heimaufsichten mit. Mitarbeiter von Heimaufsichten haben exellente Kontakte zu den von ihnen kontrolierten Einrichtungen."(Fussek u. Schober 2013, S. 14)

 

Dabei lägen Claus Fussek schon 2013, 50000  Briefe, E-Mails und telefonische Beschwerden von Angehörigen, Pflegekräften und anderen Beteiligten aus der Pflegebranche vor.

 

Verzweifelte Angehörige berichten über ihre Erfahrungen auch auf der Facebook Seite "Gewalt in der Pflege".

 

Der Rechtsanwalt Christoph Lindner und der RechtswissenschaflterProf. A. Graser haben versucht Verfassungsbeschwerde bei dem Bundesverfassungsgericht einzureichen.

 

Der Vorwurf: Der Staat vernachlässigt seine Schutzpflicht für 100000de pflegebedürftige Menschen und gefährdet damit Grundrechte." Rechstanwalt Christoph Lindner: "Die Einzelfälle, die man nachweisen kann, sind so stark verdichtet, das man eben nicht mehr auf Individualverhalten als Ursache schließen kann. Hier muß man von systemischen Versagen sprechen."

 

Rechtswissenschaftler Prof. Alexander Graser:

 

"Man kann davon ausgehen, das das wohl die intensivsten und auch quantitativ bedeutsamsten Menschenrechtsverletzungen gegenwärtig in Deutschland sind.

 

 

Warum es Haustieren besser geht als Senioren (Überschrift von Focusonline 2015)

Alte Menschen „verkörpern“ das womit sich in unserer Gesellschaft niemand beschäftigen will: Alter, Krankheit, Tod. Und sie verkörpern Schwäche und Hilflosigkeit. Alles Eigenschaften die sie in der gesellschaftlichen Rangordnung an das unterste Glied der „Nahrungskette“ verweisen. Mit dazu bei trägt die Tatsache dass Pflegeeinrichtungen abgeschlossene Welten sind wo man (i.d.R.) nur als Angehöriger freiwillig einen Blick hineinwirft.

 

Hier werden Menschen durch Personalmangel ins Bett "gepflegt" und damit in eine höhere Pflegstufe (welche mehr Profit bringt).Sie kommen häufig nicht an die frische Luft, obwohl das die Gesundheit fördert. Sie erleben Demütigungen, Erniedrigungen, Gewalt und einen würdelosen Umgang.

 

 

Sie müssen oft Stundenlang in ihren Fäkalien oder Urin sitzen- oder liegenbleiben. Sie müssen darum "betteln" auf Toilette gebracht zu werden. Menschen bekommen aus Zeitmangel zuwenig Flüssigkeit angereicht. Trinkprotokolle werden für den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, "die Kontrollinstanz" gefälscht. Alte Menschen sitzen ohne jede Ablenkung oft stundenlang in ihren Roll- oder Siestastühlen, evtl. so eingepfercht oder "gesichert" das sie sich selbstständig nicht mehr weg bewegen oder aufstehen können, mit noch marmeladeverklebten Händen vom Frühstück. Alte Menschen hängen oft stundenlang in einer unbequemen Sitzposition in ihren Rollstühlen fest. Die Nachtklingel wird für Bettlägerige außer Reichweite gelegt. Bewohner und Angehörige haben Angst sich zu beschweren aus Angst vor Repressalien seitens der Pflegekräfte. - Misstände wie sie überall in Deutschland und in der Mehrzahl deutscher Pflegeheime vorkommen und Normalität sind.

II. Massentierhaltung

 

Wenn es ein unzurechnungsfähiges, gefährliches Tier gibt, dann ist es der Mensch.

 

Ca. 90 % aller Bürger Deutschlands haben kein Problem  Fleisch aus der Massentierhaltung zu kaufen. Der Griff in die Kühlbox ist leicht. Anders sah es mit dem Leben der Tiere aus die später auf dem Teller landen. Und es durchaus nicht so, dass die Medien zu dem Thema nicht regelmäßig, teilweise zu Tränen rührende ,Beiträge gebracht hätten. Jeder hat schon die erschreckenden Bilder von den elenden Bedingeungen unter denen Tiere in Massentierhaltungn leben müssen, gesehen. 

 

Hier, nur zur Vergegenwärtigung, ein kurzer Ausschnitt und Überblick von der gut rechechierten und übersichtlichen Webseite zum Thema Massentierhaltung der  Albert-Schweizer-Stifung.de (https://albert-schweitzer-stiftung.de/massentierhaltung):

 

 In der Massentierhaltung leben und sterben allein in Deutschland etwa 763 Mio. Tiere pro Jahr (Stand 2019) – exkl. Fische und Krebstiere. Hier werfen wir einen Blick hinter die Fassade der Agrarindustrie und stellen Ihnen vor, wie die sogenannten »Nutztiere« gehalten werden. Die Hintergrundinformationen sind bewusst sachlich und ohne Übertreibungen gehalten. Sie basieren auf Fachliteratur; jeder Artikel enthält Quellenangaben.

 

Gemeinsamkeiten in der Massentierhaltung

 

Bevor wir die einzelnen Haltungsformen im Detail vorstellen, sei erwähnt, welche Gemeinsamkeiten in den verschiedenen Formen der Massentierhaltung bestehen:

 

Die meisten Tiere werden gewaltsam den Haltungsformen angepasst: Hörner, Ringelschwänze, Schnäbel und z. T. auch Zähne werden ohne Betäubung gekürzt/abgetrennt (die Hühnermast bildet eine Ausnahme, weil die Tiere so jung geschlachtet werden).

 

Wesentliche Grundbedürfnisse der Tiere werden ignoriert und ihre Bewegungsfreiheit wird stark eingeschränkt.

 

Um die Tiere trotz unpassender Haltung leistungsfähig zu erhalten, ist eine häufig routinemäßige Abgabe von Antibiotika unvermeidlich geworden, was auch Gefahren für die menschliche Gesundheit mit sich bringt.

 

An dieser Stelle nur ein Beispiel - Mastschweine:

 

Schweine in der Mast leben in kargen Buchten mit Spaltenböden. Sie leiden unter anderem an Verletzungen und Verhaltensstörungen.In Deutschland werden rund 24,7 Mio. Schweine zum Zweck der Fleischproduktion gehalten: etwa 11,2 Mio. sogenannte Mastschweine, etwa 11,8 Mio. Jungschweine und Ferkel und rund 1,7 Mio. Schweine für die Zucht (Stand 2021).Etwa die Hälfte aller gemästeten Schweine lebt in Betrieben mit 1.000 bis über 5.000 Tieren (Stand 2015). In den geschlossenen Stallsystemen befinden sich größere Abteile mit nebeneinander angeordneten Buchten. Darin werden Schweine meist in Gruppen von 12 bis 20 Tieren gehalten – seit einigen Jahren haben sich allerdings auch stark technisierte Betriebe mit Gruppengrößen von bis zu 350 Schweinen etabliert. [5]

 

In den Buchten haben die Tiere kaum Raum zur Verfügung: Für Schweine mit einem Körpergewicht von über 50 bis 110 kg ist laut Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung § 29 eine Mindestbodenfläche von lediglich 0,75 m² pro Tier vorgesehen, für Schweine mit einem Gewicht von über 110 kg gerade einmal eine Fläche von 1 m². Diese bewegungsarme Unterbringung ohne Auslauf ins Freie ist mit vielen Nachteilen für die Schweine verbunden. Die jungen Tiere leiden unter der räumlichen Enge, den hohen Besatzdichten und der reizarmen Umgebung. Hinzu kommt das erhöhte Krankheitsrisiko: Insbesondere die Bewegungseinschränkung ist Mitverursacher für besonders schmerzhafte Erkrankungen des Bewegungsapparats.  

III. Mobbing

© Rido, Fotolia.com

 "Mobbing oder Mobben (in Englisch üblicherweise Bullying) als soziologischer Begriff, beschreibt psychische Gewalt, die durch das wiederholte und regelmäßige, vorwiegend seelische Schikanieren, Quälen und Verletzen  eines einzelnen Menschen durch eine beliebige Art von Gruppe oder Einzelperson definiert ist.

 

Zu den typischen Mobbing-handlungen gehören u. a. Demütigungen, Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen, Zuweisung sinnloser Aufgaben und anderweitiger Machtmissbrauch, Gewaltandrohung, soziale Exklusion oder eine fortgesetzte, unangemessene Kritik an einer natürlichen Person oder ihrem Tun , die einer Tyrannei bzw. einem unmenschlich-rücksichtslosen Umgang gleichkommt.

 

Mobbing kann z. B. erfolgen in der Familie, in einer Peergroup, in der Schule, am Arbeitsplatz, in Vereinen, in Wohneinrichtungen (Heimen) oder Gefängnissen, in Wohnumfeldern (Nachbarschaften) oder im Internet (Cyber-Mobbing)." Kurzdefinition von Wikipedia 

 

Zu Mobbing in der Schule habe ich auf dieser Webseite schon einiges berichtet.

 

Nach Daten der OECD, die im Rahmen der PISA-Studie 2018 erhoben wurden, sind in Deutschland sechs Prozent aller 15-jährigen Schülerinnen und Schüler sehr häufigem Mobbing ausgesetzt. 23 Prozent werden mindestens mehrmals im Monat durch Mitschülerinnen und Mitschüler gemoppt. Carsten Stahl spricht von 2-3 Mobbingopfern in einer Klasse.

 

Carsten Stahl schreibt 2017:

"Und was uns allen bewusst sein sollte, hinter jedem dieser Fälle steckt ein Mensch, ein Kind und ein Teil unserer Gesellschaft, dessen Seele, dessen Selbstbewusstsein und sein Selbstwertgefühl, jeden Tag durch Ausgrenzung und Demütigungen verletzt und getreten werden und dessen Leben, dessen positive persönliche Entwicklung und dessen Zukunft, durch Intoleranz, Ignoranz und fehlende Aufklärung und Prävention der anderen, eingeschränkt und zum Teil sogar genommen und zerstört werden.

 

Wie kann es zu solch immensem Leiden, wie in diesen hier ausgewählten Missständen, in einem demokratischem, eigentlich humanistischen, Land kommen?

Alle drei hier aufgezeigten Missstände sind schon für sich gesehen völlig unerträglich und müssten ein ganzes Land und damit JEDEN Bürger sozusagen mitten ins Herz treffen.

 

Es sind unsere Kinder die täglich der Gefahr ausgesetzt sind, einem unglaublichem Horror von Spott, Ablehnung und Ausgrenzung ausgesetzt zu sein und damit alleinzustehen und es sind unsere Kinder die so etwas bei ihren Klassenkameraden mit ansehen müssen!

 

Wer sich ein Bild von den VERZWEIFELTEN und leider in der Regel hilflosen Müttern dieser Kinder machen möchte kann sich mal die Facebookseite "Mobbing in Schule" anschauen (sie erfahren in den Schulen- und Schulbehörden zumeist weder Hilfe, noch wirkliches Gehör). 

 

Es ist unsere Mutter oder unser Vater der im Pflegeheim möglicherweise über Stunden in seinen Fäkalien sitzen muß, und evtl. immer wieder rüde, unempathische oder entwertende Ansprachen von völlig überforderten Pflegekräften erhält. (Später sind wir es selbst).

 

Und das gänzlich schwächste Glied in der Kette sind die in allein in Deutschland TÄGLICH 5 Millionen zu Fleisch verarbeiteten Tiere mit ihrem (gottseidank) kurzem und unvorstellbar schmerzhaften und  elendem Leben. 

 

Zwei von drei der hier vorgestellten Mißstände haben eine ungeheuer große Menge an Menschen täglich vor Augen und sie beinhalten für die von den Misständen betroffenen Menschen und z.T. auch für die Tiere:

 

Erniedrigung, Demütigung, Scham, Hilflosigkeit, Selbstwertzweifel, erfahrene Ablehnung und Ausgrenzung, schwere seelische und körperliche Schmerzen, Trauer, Depression, Verzweiflung, Entwürdigung, Hoffnungslosigkeit, Isolation, Angst, Unsicherheit usw.

 

Obwohl sich diese Missstände vor den Augen unzähliger Zuschauer oder mit an dem Geschehen beteiligter Akteure  abspielt, ändert sich, bis auf sehr wenig Ausnahmen, NICHTS.

 

Bestes Beispiel sind die unzähligen und leider überwiegend erfolglosen Projekte zum Thema Mobbing an Schulen. An der Mobbingstatistik hat sich kaum wesentlich etwas geändert. Zu Beginn der öffentlichen Diskusion wurde dieses Thema ja auch von den meisten Schulen noch massiv geleugnet  "An unserer Schule gibt es kein Mobbing".

 

Desweiteren die vielen, teils sehr engagierten, Berichterstattungen der öffentlichen Medien zum Thema Pflegemissstände und Personalnotstand in der Pflege, die seit JAHREN immer wieder gesendet werden. Mit sehr kompetenten Interviewpartnern wie Claus Fussek (Sozialarbeiter) der schon seit Jahrzehnten Ansprechpartner für die verzweiflten Bewohner, Angehörigen und für verunsicherte hilfesuchende Pflegekräfte ist.

 

 

Leitbilder einer Leistungsgesellschaft

Der Psychanlytiker und ehemalige Zugkraft der Friedensbewegung Horst-Eberhard Richter schrieb in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts in seinem Buch "Solidarität" über die Auswirkungen eines  permanenten wirtschaftlichen Wachstum (heute auch die Macht der Konzerne in der Globalisierung), sowie der bedenkenlosen Ausbeutung der Ressourcen der Erde. Diese "expansionistische Perspektive leiste u.a. fatale Beiträge zur Verteidigung unserer Rivalitäts-Ideologie und zur Diskiminierung der Armen, Kranken und Schwachen unserer Gesellschaft als deren angsterregenden Gegentypen des expansionistischen Größenwahns."

 

Ein Tatbestand der sich in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts z.B. an der verheerenden Situation vieler alter Menschen in Pflegeheimen zeigt, die sich noch nicht einmal darauf verlassen können dass ihre Grundbedürfnissen befriedigt werden oder ihre Not in der Gesellschaft tatkäftiges Gehör findet.

Dies mag wirklich, gerade in Hinsicht der jahrelangen, insbesondere der politischen Verschleppung dieser Problematik, als ein Vorgang der psychologischen Verdrängung einer ganzen Gesellschaft gesehen, werden.

 

Der Druck des bislang betriebenen Expansionismus, schreibt H.E. Richter hätte eine Daueranspannung im Menschen erzwungen, die einer „Dauermobilmachung“ gleiche. Merkmale seien eine einseitige Dressur zur Hyperaktivität und maximaler Leistung, wachgehalten durch Konkurenzdruck. (H.E. Richter, "Solidarität", 1974, S.10)

Diese Boschaft ist natürlich nicht neu, jedoch gilt sie 50 Jahre später erstaunlicherweise doch noch immer scheinbar unverändert!

 

Selbstentfremdung durch Medienkonsum oder warum wir uns wegbeamen müssen

Der durchschnittliche Deutsche kam im Jahr 2021 täglich auf mehr als 10 Stunden Mediennutzung.(!)

Die Auswirkungen des täglichen Medienkosum auf unser Leben ist uns vermutlich zumeist nicht bewußt. "Die tägliche Bewegtbildnutzung der ab 14-Jährigen in Deutschland lag im Jahr 2021 bei insgesamt 5 Stunden und 53 Minuten  – ebenfalls ein neuer Rekordwert." https://www.dgtls.com/de/mediennutzung

 

 

Warum ist dies so? Prof. Dr. Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des DZSKJ, kommt im Rahmen einer Pressekonferenz vom 29.07.2020 zu der Einschätzung: "Digitalen Medien kam und kommt eine wichtige Bedeutung zu. So in der Aufrechterhaltung von Kontakten, der Bekämpfung von Langeweile, und zur Gewinnung von Informationen. Hierdurch können sich Gefühle von Einsamkeit und Kontrollverlust reduzieren und somit digitale Medien entlastende Funktionen übernehmen. Bei einem Teil der Nuter*innen werden digitale Medien gleichzeitig als Strategie genutzt um Stress und negative Gefühle zu reduzieren."  (https://webcare.plus/mediennutzung-covid-19-zahlen-daten-fakten/)

Die Auswirkungen die der tägliche mehr als 10-stündige Medienkonsum, davon knapp SECHS STUNDEN bewegliche Bilder (!), auf unser Leben hat, ist kaum zu überblicken. Vermutlich wirkt diese alltägliche ungeheure Reizüberflutung auf unser psychophysisches System in einer Weise welche u.a. zu einer massiven Entfremdung von unserem natürlichem und ursprünglichen seelisch-körperlichem Erleben führt. 

 

Von eigener Lebendigkeit zur Erfüllung fremder Erwartungen

„.. wir müssten unser Bewußtsein erweitern, dass wieder Empathie und unser Mitgefühl herstellen und umfassen würde. Doch genau das fällt uns deshalb so schwer, weil wir aufhören müssten, unser Selbst zu verleugnen und unserem Selbst entgegenzuwirken. Wir müssten aufgeben, was unsere Kultur von uns Tag für Tag verlangt: Erfolg zu haben. Wer aber die Forderung nach Erfolg akzeptiert, akzeptiert auch das Mittel dafür: Mitmachen.“ 

Arno Gruen, „Dem Leben entfremdet“

 

Nach Arno Gruen ist unsere westliche Erziehung vorrangig auf Leistung ausgerichtet und dem damit einhergehenden Druck nicht zu versagen.  Dadurch würde die kognitive Entwicklung gefördert und die emphatische immer mehr verhindert.  Die kognitive Entwicklung stände ständig in einem Spannungsfeld der ERWARTUNG, welche um Leistung kreist. Sei es die Erwartung der Eltern, der Schule oder des Staates - all dies schüre Angst. Sowohl die Angst zu versagen, als auch eine noch tiefere Angst - eine uralte Angst die eng mit der Wut verbunden ist, die entstand als eigene Impulse und Regungen unterdrückt werden mussten, um den Erwartungen zu entsprechen. 

 

"Diese Unterdrückung durch Nicht -Anerkennen der eigenen Lebendigkeit des Kindes wird vom Kind selbst übernommen, da diese Lebendigkeit des Kindes die Beziehung zu den Eltern bedroht.  Es kann ohne ihre "Liebe" nicht am Leben bleiben und deswegen macht es das eigene zum Fremden. Aber die Wut ist dennoch da.ng und bedroht diese Beziehung weiter. Das verstärkt die Angst, die umso me

Nach Arno Gruen ist unsere westliche Erziehung vorrangig auf Leistung ausgerichtet und dem damit einhergehenden Druck nicht zu versagen.  Dadurch würde die kognitive Entwicklung gefördert und die emphatische immer mehr verhindert. 

 

Die kognitive Entwicklung stände ständig in einem Spannungsfeld der ERWARTUNG, welche um Leistung kreist. Sei es die Erwartung der Eltern, der Schule oder des Staates - all dies schüre Angst. Sowohl die Angst zu versagen, als auch eine noch tiefere Angst - eine uralte Angst die eng mit der Wut verbunden ist, die entstand als eigene Impulse und Regungen unterdrückt werden mussten, um den Erwartungen zu entsprechen. 

 

"Diese Unterdrückung durch Nicht -Anerkennen der eigenen Lebendigkeit des Kindes wird vom Kind selbst übernommen, da diese Lebendigkeit des Kindes die Beziehung zu den Eltern bedroht.  Es kann ohne ihre "Liebe" nicht am Leben bleiben und deswegen macht es das eigene zum Fremden.

Aber die Wut ist dennoch da und bedroht diese Beziehung weiter. Das verstärkt die Angst, die umso mehr verdrängt werden muß. Da ursprünglich eigene wird zum Fremden und zum Feind gemacht werden, um es dann außerhalb des Selbst in anderen zu finden. Dort kann es nun gehasst und bestraft werden. Das ist der Ursprung aller Hassgefühle und der Notwendigkeit Feinde zu finden. Denn dann und nur dann kann man sich von diesem urinnersten Hass freimachen. "  Arno Gruen, 2015, S. 51.

 

Die Wut des Bürgers auf sich selber

 

"Wer aber die Forderung nach Erfolg akzeptiert, akzeptiert auch das Mittel dafür: Mitmachen.“ 

Arno Gruen, „Dem Leben entfremdet“

Der nun schon über 80 jährige Kirchenkritiker Eugen Drewermann, sieht die Institution Gefängnis als „Selbstportrait“ unserer Gesellschaft.

(Drewermann: 3. Sommervorlesung 2022 RICHET NICHT! Christentum und Strafrecht.)

 

Drewermann schließt hier die Frage an „Wozu leben wir?“:

 

O-Ton: "Würde man dies ein 8 jähriges Kind heute fragen, es (dann) antworten würde „um Spaß zu haben“". „Und wie kommst du an Spaß?“ „In dem du tüchtig bist, deine Pflicht erfüllst, deinen Arbeitstag regelst, indem du irgendetwas herstellst was man verkaufen kann, aber mit dem du nichts zu tun hast und das man mit einem Lohn bezahlt für den du selber wieder einkaufen kannst was andere hergestellt haben." 

 

"Produktion und Kosumtion das ist dein Lebenssinn und du darfst nicht begreifen, dass das vollkommen sinnlos ist. Das du von Staub zu Staub arbeitest. Dass du dich selber völlig verloren hast, nein das darfst du nicht begreifen. Aber so ist es. Und das Gefängnis ist nur der Ausdruck genau für das was wir machen, von früh bis spät.“

 

Drewermann meint das der Hang zum Verhängen von Strafen einen psychologisch hochwichtigen Hintergrund hätte. Das moderen Gefängnis entstamme in der bürgerlichen Gesellschaft „nicht etwa einem verfeinerten Gefühl für Gerechtigkeit oder einem humanisierten Fortschritt unserer Rechtskultur.“ Die Bürger würden denken, das heutige  Gefängnis (im Gegensatz zu den Bestrafungformen der letzten Jahrhunderte) zeige wie „gut“ wir geworden sind.

 

In Wirklichkeit äußere sich in der Institution Gefängnis „die Gewalt die unter dem alltäglichen Zwang der entfemdeten Arbeitswelt im kapitalistischen Wirtschaftsystem verinnerlicht wird." Die "niedergedrückte Seele des zum Mitmachen verurteilten Bürgers reagiere beim Anblick eines nicht Angepassten, nicht Disziplinierten, nicht Systemkomformen" mit unterschwelliger Aggression.

 

Der Bürger hätte "Wut" auf sich selber, dass er so unterdrückt leben müße.

 

So hat gerade diese Woche (18.05.22) der Spiegel folgendes Titelhema herausgebracht:  "Wenn alles zuviel wird. Arbeiten bis zum Umfallen. Es geht auch anders."

 

Den „Vorgang des Gefängnisses“ beschreibt Drewermann psychologisch. Die innere Wut die eigendlich jeder Bürger auf sein „Unleben“ hat, wird auf denjenigen der nicht mitgekommen ist, der sich verweigert hat, der ein Außenseiter geblieben ist, der nicht normal war, projiziert um ihn zu bestrafen und zu vernichten. Hassreaktionen und Revancheimpulse würden hier sichtbar. Den Gefangen selbst sieht Drewermann radikal nicht unterschieden von uns. Hätten wir diesselbe Lebensgeschichte und denselben Hintergrund wäre es bei uns zu den gleichen Taten gekommen.

 

Das Gefängnis sei dann die Instition, die diese  "aus dem gesellschaftlichen Rahmen gefallenen Menschen wieder dorthin bringen sollen wo wir schon sind." (Aus Youtube,