Versteckte Statuspiele
Statusgebärden

Hierarchie und Dominanz bei Tieren und Menschen

"Die Dominanzhierachie ist älter als Bäume." Jordan B. Peterson

"Die realste Ordnung ist diejenige, die sich am wenigsten ändert - und das ist nicht unbedingt die Ordnung, die am leichtesten zu erkennen ist. Das einzelne Blatt mag den Betrachter blind für den Baum machen. Der Baum kann ihn blind für den Wald machen. Und manches, das am realsten ist (wie die omnipräsente Dominanzhierarchie), kann man streng genommen überhaupt nicht sehen." Jordan B Peterson

 

Entstehung von Rangordnung in der Tierwelt und ihre Übertragbarkeit auf den Menschen

Rang und Status hat für viele Tierarten einen großen Einfluß auf ihre Überlebenschancen. Es geht um die Rangfolge am Futternapf, den Zugang zu hochwertigerem Futter, das bevorzugte Revier mit Schutz vor Witterung und Räubern, den freien Zugang zu kräftigen Weibchen, welche robusten Nachwuchs zeugen. All dies verspricht ein möglichst stressfreies Leben.

 

Jordan B. Peterson, amerikanischer Psycholgieprofessor, schreibt in seinem Buch 12 Rules for Life (S. 49, 2019):

 

"Bei jedem Ausbruch der Vogelgrippe dasselbe Bild. In ausgewogenen, gut durchmischten Gemeinschaften sterben zuerst die am wenigsten dominanten, jedoch besonders gestressten Individuen. Sollte die Vogelgrippe auf menschliche Gemeinschaften überspringen, würde sich dieses Drama wiederholen. Jede Pandemie trifft vornehmlich das Prekariat (Bevölkerungsteil, der besonders aufgrund von anhaltender Arbeitslosigkeit und fehlender sozialer Absicherung in Armut lebt oder von Armut bedroht ist und nur geringe Aufstiegschancen hat) auch zahlenmäßig. Das gilt sogar für andere, nicht-infektuöse Killer, wie Krebs, Diabetes und diverse Herzkrankheiten. Wenn die Aristokratie sich einen Schnupfen zuzieht, so heißt es, stirbt die Arbeiterklasse bereits an Lungenentzündung."

 

Wie tragen Tiere ihre Konflikte um bevorzugte Reviere usw. aus, ohne im ewigen Gemetzel zu enden? Durch ein fein abgetuftes System von Statusritualen, einem Angriffs- und Verteidigungsverhalten.

 

Bei den Hummern beginnt dies zuerst mit Drohgebärden ihrer großen Scheren. Dann wird Urin versprüht, dessen chemische Information dem Gegner Aufschluß über Gesundheitszustand und Aggressionspotential gibt. Sieht sich der gegnerische Hummer aufgrund dieser Information als unterlegen an, so zieht er sich zurück. Treffen jedoch zwei gleich kräftige und große Hummer aufeinander kommt es zum nächsten Konfliktlevel. Mit gesenkten Scheren und wild peitschenden Fühlern rücken die Hummer wie in einem Tanz voreinander vor und zurück.

 

Derjenige mit den schwächeren Nerven macht in der Regel nach mehren Durchgängen einen Rückzieher, dabei reflexartig mit seinem Schwanz schlagend. Gibt jedoch auch hier keiner der beiden Hummer klein bei, beginnt der echte Kampf. 

 

Die aufgeputschten Hummer gehen mit ausgestreckten Scheren aufeinander los und versuchen sich gegenseitig auf den Rücken zu werfen. Landet einer von den beiden Hummern auf dem Rücken kann dies dann doch das Signal für Rückzug sein, da der andere ihm augenscheinlich sichtbar gefährlich werden kann.

 

Hier gibt der Unterlegene für gewöhnlich auf. Kommt es auch hier zu keinem Ergebnis oder wird die Niederlage nicht akzeptiert so beginnt ein Kampf mit extremen Risiko auf bleibende Verletzungen, bis hin zum Tod. Hier gehen die Hummer mit aufgeklappten Scheren aufeinander los, in der Absicht den Gegner an allen verwundbaren Stellen zu verletzen, sei es den Fühler, einem Bein, einem Stielauge usw. Mit einer durch den Schwanz eingeleiteten Rückwärtsbewegung, wird das abgerissen was die Scheren zu fassen kriegen.

 

"Nach einer verlorenen Schlacht und unabhängig davon, wie aggressiv er sich vorher gab, vergeht einem Hummer jede Lust aufs Kämpfen. Nicht einmal gegen zuvor besiegte Artgenossen kann er sich aufraffen. Oft verschwindet er tagelang von der Bildfläche, denn sein Selbstbewußtsein ist im Keller. Zuweilen hat eine Niederlage sogar noch weitreichendere Konsquenzen.  Kassiert ein dominanter Hummer eine herbe Niederlage, löst sich sein Gehirn förmlich auf - um ein neues zu bilden, das der aktuellen, niedrigeren Position besser entspricht. Sein ursprüngliches Gehirn ist nicht flexibel genug, um den tiefen Fall von ganz oben nach ganz unten mitzumachen, es wickelt sich ab, um sich anschließend neu zu organisieren. Jeder der schon einmal eine schwere Niederlage hinnehmen musste, egal ob im Beruf oder in der Liebe hat wohl ähnliche Erfahrungen gemacht.." (Jordan B. Peterson, 12 Rules for Life, S. 53, 2019)

 

Das Gehirn eines ranghohen Hummers unterscheidet sich signifkant von dem eines rangniedrigen Hummers. Dies zeigt sich auch in der Körperhaltung. Von der Konzentration zweier Neurotransmitter, Seretonin und Octopamin, hängt es ab, ob es sich um einen "selbstbewußten" oder "kleinmütigen" Hummer handelt.

 

Siege treiben den Serotoninspiegel nach oben. Das Seretonin steuert die Körperspannung und erhöht die Kampfeslust. Erhält der Hummer der sich auf der Verliererseite befindet Seretonin, geht er sofort wieder zum Angriff über und kämpft länger und härter.

 

Medikamente gegen Depression, sogenannte selektive Seretonin-Wiederaufnahmehemmer, sind nicht nur ähnlich in ihrer chemischen Zusammensetzung, "sie haben auch dieselbe Wirkung auf das menschliche Verhalten: Angst wird gedämpft, die Gemütslage verbessert sich." 

 

Typisch für Sieger ist ein hoher Seretoninspiegel und ein niedriger Octopaminspiegel. 

 

Umgekehrt mache ein niedriger Seretoninspiegel und ein hoher Octopaminspiegel "innerlich und äußerlich" zum Verlierer, schreibt Jordan B. Peterson, der sich laut eigener Aussage (Youtube: Our Emotions and the Social Hierarchy – Part One) jahrelang mit dem Thema Seretonin und seine Auswirkung auf den tierischen und menschlichen Organismus beschäftigt hätte.

 

Stürzt sich ein besiegter Hummer wieder ins Kampfgetümmel, stehen die Chancen das er erneut verliert höher.

 

"Der Sieger wird statistisch gesehen abermals siegen. In der Hummerwelt herrscht das Winner-take-it-all Prinzip, ganz ähnlich wie bei den Menschen, wo ein Prozent der Weltbevölkerung so viel besitzt wie die unteren 50 Prozent. Anders ausgedrückt: Fünfundachtzig Leute am oberen Ende haben genau so viel wie dreieinhalb Milliarden am unteren. 

 

Dasselbe brutale Prinzip der ungleichen Verteilung gilt nicht nur in der Finanzwelt, sondern überall in der Kreativwirtschaft. So wird beispielsweise der größte Teil der wissenschaftlichen Arbeiten von sehr wenigen Forschern verfasst.

 

Eine winzige Elite von Musikern produziert fast die gesamte kommerzielle Musik.

 

Die meisten verkauften Bücher stammen von einer Handvoll Autoren. In den USA erscheinen jährlich  anderthalb Millionen Titel, doch lediglich fünfhundert davon verkaufen sich mehr als 100000 Mal." (Jordan B. Peterson, 12 Rules for Life, S. 55, 2019)

 

 

Dominanz - ein ewiges Funktionsprinzip?

Die Hummer checken recht schnell "wen man herumschubsen" kann und "mit wem man sich besser nicht anlegt". Ist dies einmal geklärt bildet sich eine feste stabile Rangordnung aus. Ab diesem Zeitpunkt braucht der Sieger nur noch mit den Scheren zu winken und der Herausforderer macht sich aus dem Meerestaub. (vgl. Jordan B. Peterson, 12 Rules for Life, S. 57, 2019) 

 

Jedoch ist eine rein physiologische Übermacht kein Garant für eine dauerhafte Dominanz.

 

Untersuchungen des Primatologen Frans de Waal bei Affenhorden haben gezeigt, dass dominante Männchen ihre physische Überlegenheit immer auch mit anderen raffinierten Eigenschaften kombinieren: "Denn selbst der brutalste Anführer wird bald vom Thron gestoßen, wenn sich nur zwei nicht annähernd so gefährliche Rebellen gegen ihn verbünden. Zusammen sind sie allemal stärker als er. Das Erfolgsgeheimnis für lang anhaltende Dominanz liegt also in der Koalition mit den Schwächeren, die in der Führerschaft des Starken einen Vorteil sehen."

 

Hummer existieren schon seit 350 Millionen Jahren und schon 100 Millionenen Jahre vor dem ersten Aufkommen der Dinosaurier. Vor 350 Millonen Jahren waren Nervensystem und Gehirn noch vergleichsweise simpel und doch hatten diese damaligen Tiere schon alle neuronalen Vorraussetungen um Informationen zu Rangfragen zu verarbeiten. "Ein Faktum", schreibt Jordan B. Peterson, "dass in seiner Bedeutsamkeit kaum überschätzt werden kann." Die Natur hat die Vielfalt der Lebewesen durch Evolution und ungeheure Artenvielfalt hervorgebracht, bedeutet jedoch auch im gleichen Atemzug Störung und Verheerung  durch eine Vielfalt an Plagen, wie infektuöse Krankheiten, Naturkatastrophen und lebensfeindliche klimatische Bedingungen. Genau um uns und unsere Nachkommen vor diesen Plagen zu schützen hat der Mensch sich einen ganz eigenen Lebens- und Kulturraum entwickelt. Jodan B. Peterson sieht das Wirken der Natur jedoch nicht strikt getrennt von den Kulturleistungen des Menschen die innerhalb der Natur erbracht worden wären, ob diese nun physischer, biologischer oder soziokultureller Art seien. Die Natur sei Summe von Selektionsleistungen, "so und nicht anders wollte sie das Leben haben" schreibt J. B. Peterson (2019, S. 64). Und alles worauf es aus darwinscher Perspektive ankäme sei ihre Permanenz, führt Peterson weiter aus:

 

"..und die Dominanzhierarchie, so sehr sie auch als Kulturleistung erscheinen mag hat immerhin eine halbe Milliarde Jahre überdauert. Sie ist permanent. Sie ist eine Realität. Die Dominanzhierarchie wurde nicht erst vom Kapitalismus geschaffen, vom Kommunismus allerdings auch nicht. Ebenso wurde Dominanz nicht vom millitärisch-industriellen Komplex erfunden oder vom Patriarchat...Dominanz...zählt zu den quasi ewigen Funktionsprinzipien unserer Umwelt...Wir hatten noch nicht einmal so etwas wie Haut ausgebildet, von Armen, Lungen, Knochen ganz zu schweigen, da stritten wir uns schon um die bessere Position. Kaum etwas ist natürlicher als Kultur. Die Dominanzhierarchie ist älter als Bäume." 

Hierarchie - Neue Erkenntnisse der Primatologie

Nach dem Primatologen und Neurowissenschaftler Sapolsky bilden Hierarchien einen Status quo, indem sie Ungleichheiten ritualisieren. Sapolsky, 2018, S.552. Dies erspare natürlich immer sich wiederholende Kämpfe und mögliche Verletzungen. Ist die Rangordnung z.B. in einer Paviangruppe fest etabliert, reicht i.d.R. ein "Drohgähnen" d.h. ein entblößen der Zähne.

 

Neuere Forschungsergebnisse in der Primatologie hätten nach Sapolsky ergeben, dass es durchaus nicht so sei, wie bisher angenommen, das das Alphamänchen das Leittier sei welches etwas nützliches für die Gruppe leiste. Wenn es z.B. um die Futterquellen gehe, seien es oft die alten Weibchen die wüßten wo es langeht und denen die Gruppe dann folgt. Jagden seien "Jeder-wie-er-kann-Veranstaltungen", und was den Schutz der Gruppe anginge würden Alphatiere nur in Aktion kommen wenn es úm ihre eigenen Jungen gehe.

 

Der Nutzen der Hierarchie sei so Sapolki "individualistischer Natur". 

 

Interaktionen,  die den Status Quo bestätigen, wie z.B. wegbeissen helfen selbstverständlich den oberen Rängen der Hierarchie.

 

Unter Tierarten gibt es auch erbliche Hierarchien (z.B. bei weiblichen Pavianen), sowieTierarten mit beweglichen Rangsystemen. In letzteren gälte es ein Gleichgewicht zwischen Vorsicht und gelegentlicher Infragestellung der herrschenden Verhältnisse herzustellen. Es gibt auch Hierarchien in der Tierwelt die nicht abgestuft sind (z.B. die südamerikanischen Marmosetten), d.h. in denen es nur ein Alphatier gibt und alle anderen untereinander weitgehend gleichberechtigte Beziehungen hätten. 

 

Ein hoher Rang wird in der Tierwelt mit Zähnen und Klauen erkämpft um diesen Platz dann jedoch auch zu halten seien eher soziale Fähigkeiten gefragt. Soziale Kompetenz sei anstrengend und schwierig, sie verlange dem Gehirn viel ab. Darum stände die Größe des Gehirns relativ zur Körpergröße in Relation zu Gruppengröße in der sich das Tier befände. "Je größer die Gruppe desto dicker der präfrontale Kortex". Sapolsky, 2018, S.556 Das Halten eines hohen Ranges verlangt neben sozialer Intelligenz z.B. auch Impulskontrolle. "Man muß wissen, welche Provokationen es zu ignorieren und welche Kolalitionen es zu schmieden gilt - man muß die Handlungsweise anderer verstehen." Saplsky, 2018, S. 563

 

Paviane leben in stark hierarchisch strukturierten Gemeinschaften. Alphamänchen können sich nach Lust und Laune an dem Futter eines jedem ihm untergeordnetem Tieres bedienen. Das zweite Tier darf das dritte ihm untergeordnete Tier ausbeuten, das dritte das vierte und so weiter bis hin zu dem Underdog der Gruppe - der die meiste Prügel, Aggression und Ausbeutung der Gruppe abbekommt. Die rangniedrigsten Tiere haben i.d.R. die höchsten Cortisolwerte. Sobald der Körper in Stress gerät wird vermehrt Cortisol ausgeschüttet.

 

Hohe Cortisolwerte als eindeutiger Hinweis auf Stress als Folge von erfahrener Unterdrückung, sozialer Unsicherheit, ausbleibende Wertschätzung, Konkurenzdruck finden sich auch beim Menschen. In Studien konnte festgestellt werden, dass die vermehrte Ausschüttung von Cortisol Depressionen begünstigen kann. Die Cortisolwerte bei Menschen, die unter Depressionen leiden sind durchschnittlich stark erhöht. Für den Körper bedeuten erhöhte Cortisolwerte im Blut Dauerstress und Alarmzustand. 

 

Hierarchie beim Menschen

In vielerlei Hinsicht ähneln menschliche Hierarchien denen anderer Arten. Jedoch gehören wir auch oft mehreren Hierarchien an, mit mitunter sehr verschiedenen Rangordnungen. "Natürlich verführt es zur Rationalisierung und Systemrechtfertigung - wir erklären uns selbst, warum Hierarchien, in denen wir erfolglos sind, nichts taugen, und warum die eine in der wir ganz oben stehen, diejenige ist die wirklich zählt." Sapolsky, 2018, S. 559. 

Menschen haben ein ganz besonderes Geschick darin Rangunterschiede zu erkennen. So haben Forschungen ergeben das wir in nur 40 Millisekunden zuverlässig zwischen einem dominanten und einem untergeordnetem unterscheiden können. Genauso zeigt sich Status natürlich auch in der Körpersprache.

Hoher sozialer Status und Stress

Jüngste Studien zeigen das hoher Stress verbunden mit stressbedingten Erkrankungen in Führungspositionen überwiegend dem mittleren Management zuzuordnen ist, mit einer "tötlichen Kombination von hoher Arbeitsbelastung und wenig Autonomie - Verantwortung ohne Kontrolle." ebd. S. 565.

Niedriger sozialer Status und Stresserleben

Bei vielen Tieren sehr verschiedener Tierarten (z.B. bei Hamstern, Wölfen, Kaninchen, Schweinen und sogar Fischen)  wurde in verschiedenen Studien des letzten Jahrhunderts festgestellt das Tiere die eine untergeordnete Position einnahmen in der Regel erhöhte Ruhespiegel der Glukokortikoide hatten. D.H. selbst wenn kein Stress vorlag, gab es Anzeichen für eine chronische Aktivierung der Stressreaktion. Dasselbe bei Primaten.

 

"Bei zwei anderen Zwecken dienenden Studien wiesen die untergeordneten Individuen die buchstäblich zu Tode untergeordnet wurden, weitreichende Schäden im  HIppokampus auf, einer Hirnregion, die sehr empfindlich auf die schädlichen Effekte von Glukokortikoid-Überschuß reagiert." ebd. S. 566

 

Sapolsky kam bei seinen eigenen Studien mit Pavianen zum gleichen Ergebnis. Im Allgemeinen hatten rangniedrige Paviane erhöhte Basalspiegel von Glukokotikiden. 

Bei belastenden Situationen erfolgte die Stressreaktion bei rangniedrigen Tieren relativ träge und war die Wirkung vorbei kehrte das Stresslevel auf den erhöhten Basiswert zurück. "Zuviel von dem Zeug im Blut, wenn man es nicht braucht und zu wenig wenn man es braucht." 

 

"Bemerkenswerter Weise kam es auf der fundamnetalen Ebene des Gehirns, der Ebene von Hypophyse und Nebennieren zu erhöhten Basalspiegeln der Glukokotikiden aus den gleichen Gründen wie bei Menschen mit massiver Depression." Nach Sapolsky ähnelt die soziale Unterordnung eine Pavians der erlenten Hilflosigkeit des depressiven Patienten.

 

Aus verschiedenen Gründen bereitet  Überschuß an Glukotikoiden Probleme, was erklären hilft warum uns Stress krank macht.

Rangniedrige Paviane zahlen eine hohen Preis für ihre untergeornete Existenz. Sie hatten:

- einen erhöhten Blutdruck

- eine langsamere kardiovaskuläre Reaktion auf Stressfaktoren

- niedrigere Spiegel des "guten" HDL-Cholsterins

- leichte Immunbeeinträchtigungen

- höhere Krankheitsraten

- langsamere Wundheilung

- ...

"Vermeiden sie nach Möglichkeit ein rangniedriger Pavian zu sein" schlußfolgert Sapolsky nach diesr Aufzählung.

Weniger die Rangposition zählt, als ihre Bedeutung

Die basalen Glukokortikoidspiegel sind bei rangniedrigen Tieren erhöht wenn:

1. dominante Individuen ihre schlechte Laune häufig abreagieren, indem sie Aggressionen bzw. destruktive Gefühle auf ihnen untergeordnete Tiere abwälzen. 

2. rangniedrige Tiere keine Bewältigungsmöglichkeiten haben, z.B. Groomingpartner (zum entlausen)

3. und / oder die soziale Struktur verhindert, dass rangniedrige Tiere Verwandte an ihrer Seite haben.

 

Das heißt wenn Individuen in rangniedriger Position keine Möglichkeit finden ihre Position mittels sozialer Ressourcen auszugleichen. Ein niederrangiges Tier wird i.d.R. gesünder sein als Individuen in der gleichen Position wenn über ausrechend Groomingpartner verfügt und "Gelegenheit hat, an einem noch rangniederemn Individuum seine Aggressionen auszulassen." ebd. S.569

Sapolky verweist hier auch auf Temperamentsunterschiede einzelner Tiere:

"Im Kontext der Hierarchie sind einige Individuen , die Rangposition zwei innehaben nur damit beschäftigt, dass sie nicht die Nummer eins sind, während einige Individuen, die Nummer neun sind, sich damit trösten, dass sie zumindest nicht Nummer zehn sind." ebd. S. 569

 

Stresswerte bei Bundeswehrsoldaten

In den 1990er Jahren bestimmte der Psychobiologe Dirk Hellhammer die jeweilige Stellung in der sozialen Hierarchie von 83 Bundeswehrsoldaten in der Grundausbildung und untersuchte wöchentlich deren Cortisolspiegel. Er konnte feststellen, dass in stabilen Zeiten die dominanten Rekruten einen niedrigeren Cortisolwert im Blut hatten als rangniedrige Rekruten. Dies änderte sich jedoch in Zeiten physischer oder psychischer Belastung in der der Cortisolwert aller Rekruten anstieg, jedoch der der ranghöheren Rekruten etwas mehr.

 

Bewertungsangst und Bauchfett

Eine Auswertung von 208 verschiedenen Studien zu dem Thema Stress beim Menschen, konnte zeigen, dass das Stresshormon Cortisol im Blut von Studienteilnehmern besonders dann anstieg, wenn die zu bewältigende Aufgabe eine negative Bewertung durch andere befürchten ließ.                                                    

Die Zeitschrift Bild der Wissenschaft, vom 07.08.2009, berichtet über eine Studie die einen direkten Zusammmenhang von sozialem Stress und erhöhtem Fett in der Bauchregion nachweist, ein Indikator für eine erhöhte Anfälligkeit für Herz- und Gefäßerkrankungen.

 

Eine Gruppe von 41 Javaneräffchen erhielt Futter mit erhöhtem Fett- und Cholesteringehalt, wie er für den westlichen Lebensstil typisch ist.

 

Weibliche Affen, die in der strengen sozialen Hierarchie der Gruppe, rangniedrige Plätze einnahmen, waren auch dort sehr häufig Ziel agressiver Attacken ranghöherer Affen ausgesetzt, desweiteren erfuhren sie weniger Fellpflege und hatten weniger Futter zur Verfügung.

 

Die sozial benachteiligten weiblichen Affen, die besonders stark unter sozialen Stress litten setzen mehr Fett in der Bauchregion an. Der erhöhte Stresshormonspiegel wurde als ursächlich für den erhöhten Anteil an Bauchfett gesehen. Zudem veringerte sich bei den rangniederen weiblichen Affen die Hormonproduktion, welche ein wichtiger Schutzfaktor vor Arteriosklerose u.a. bildet.

 

"Bislang konnten die Wissenschaftler diesen Zusammenhang zwar nur bei Affen direkt nachweisen sie halten es jedoch für sehr wahrscheinlich, dass der Mechanismus beim Menschen sehr ähnlich ist."

Tötlicher Stress - Weitere Zoologische Stressforschung

Das rechte Tier ist durch den Anblick des überlegenen Artgenossen (glatter Schwanz) stark gestresst.
Das rechte Tier ist durch den Anblick des überlegenen Artgenossen (glatter Schwanz) stark gestresst.

Tupajas, eine Säugetiergattung aus der Familie der Spitzhörnchen haben eine Eigenschaft, die sie für die Stressforschung besonders interessant macht. Sie reagieren bei Stress mit stark gesträubten Schwanzhaaren. Der deutsche Verhaltensforscher Dietrich von Holst hat in den 60er Jahren Tupajas in Gefangenschaft untersucht und dabei erstaunliche Endeckungen gemacht. 

 

Gelangt ein fremder Tupaja in einen Käfig mit einem Tupajapärchen, so beginnen erst gewöhnliche Kämpfe. Jedoch schon bald verdrückt sich der unterlegene Fremde in einen geschützen Winkel, wo er sitzt und die Sieger beobachtet. Nur wenn ihn der Hunger treibt huscht er kurz mal zum Napf. Das Siegerpärchen interessiert sich nicht mehr für den unterlegenen Fremden. Nach ein paar Tagen ist der Fremde tot.

 

Und dies obwohl er keine Verletzungen erlitt und sich ausreichend Nahrung verschaffen konnte.  Weitere Experimente konnten zeigen, dass der Verlierer seine Niederlage überstanden hätte, hätte er ein Rückzugsgebiet im Gehege mit einem vom Pärchen abgetrennten Lebensraum, gehabt. Die Abtrennung mußte aber undurchsichtig sein, ein einfacher Maschendraht hätte nicht gereicht. Augenscheilich stirbt das unterlegene Tupaja aus purer Angst, der dauerne Anblick der Sieger wirkt wie ein tötliches Gift. (Neue Züricher Zeitung, 1998, H. Cerruti)

 

Der Körper des Tupaja zeigte typische Veränderungen, wie markanten Gewichtsverlust und Harnstoffvergiftung infoge Nierenversagens. Das Tier starb durch übermäßigen Stress.

 

In einem anderen Forschungssetting mit Tupajas hat man ein je fremdes Männchen und Weibchen in einen Käfig so gelingt eine Partnerschaft in nur 20 Prozent der Fälle. Läuft es gut sinkt der "Schwanzsträubewert " auf wenige Prozent. Beide schlecken sich gegenseitig die Nasen und haben in kurzen Abständen Junge. Der Herzschlag ist bei dem Pärchen tiefer als wo sie alleine waren und bei Belastung steigt das Stresslevel weniger stark an. 

Bei den anderen 80 % erzwungener Partnerschaften endet eines der beiden Tiere mit erwähntem Angsttod oder mit einem Tod durch Herz-Kreislauf-Schäden.

 

Weitere diverse Untersuchungen bei Pavianaffen in freier Wildlbahn  ergab, dass auch hier die häufigste Stressursache das Zusammenleben ist. Mänchen mit niedriger sozialer Stellung haben einen erhöhten Cortisonspiegel, zudem vermehrte Arteriosklerose und Herzerkrankungen.

  

Hoher Status verbessert die eigenen Leistungen

Conrad und Streek, Autoren des Buches Elementare Soziologie, 1982, schreiben, das ein hoher Status den ein Individuum in seiner Gruppe innehat, wichtige Konsquenzen für sein Bewußtsein und sein Handeln hat. Ein hoher Status könne seinem Inhaber ermöglichen Leistungen zu erbringen zu denen er sonst nicht fähig gewesen wäre.

 

Das bedeutet auch das mit dem Besitz eines hohen Status "die Mittel verbunden sein können, die diesem zu Grunde liegende Überlegenheit aufrechtzuerhalten. Im Ergebnis wirkt damit die soziale Statusordnung wenn sie erst einmal etabliert ist, verstärkend und modifizierend auf ihre eigenen Ursachen zurück, macht sich also in gewissen Sinne diesen gegenüber selbstständig." (S.118, siehe oben)

 

Conrad und Streek zitieren eine Studie des amerikanischen Soziologen William F. Whytes, der eine der "wichtigsten Werke der Soziologie" der damaligen Zeit verfasst hätte. Whytes Studie handelte von dem sozialen Leben von jungen Arbeitslosen in einem "Slum", einem italienischen Einwandererviertel in Boston / USA der 30er Jahre des letzen Jahrhunderts. Whytes war für 3 Jahre in dieses Viertel gezogen und schloss sich dort einer Streetgang an, die ihm "überraschende Erkenntnisse" bescherte. 

 

Whyte beobachtete die Mitglieder "seiner" Streetgang beim Bowling, einer Lieblingsbeschäftigung der Gang. Er stellte dabei fest, dass die Mitglieder der Gang in der Regel in der Reihenfolge ihres Status abschnitten und dies trotzdem dieselben Mitglieder außerhalb der Gruppe ganz andere Ergebnisse erzielten.

 

Whyte fiel besonders auf, das Gruppenmitglieder mit niedrigem Status, die außerhalb der Gruppe die "besseren" Bowler waren, in der Konkurrenz mit Führern der Gang regelmäßig unterlagen.